«Grüezi, ich hätte gern einen kleinen Caffé Latte…» «Tall?», tönt es hinter dem Tresen hervor, noch bevor ich meinen Wunsch fertig äussern konnte. «Ja, einen kleinen bitte!», entgegne ich mit einem Lächeln. Daraufhin trällert die junge Frau mit der grünen Schürze: «Bei uns heisst das Ta-a-ll!» Es ist klar, wovon die Rede ist: «Tall, Grande, Venti» sind bei Starbucks «klein, mittel, gross». Ist man der englischen Sprache aber mächtig, dann ist «tall» alles andere als klein. «A tall guy» zum Beispiel ist ein hochgewachsener Kerl.
«Tall» mit «klein» gleichzusetzen kommt einer Vergewaltigung der Sprache gleich und ist eine massive Sprachmanipulation im Rahmen der Corporate Language. Als Werbeagentur haben wir vollstes Verständnis für den konsequenten Einsatz einer einheitlichen Unternehmenssprache. Das Verständnis endet allerdings, wenn diese in der Attitüde «Wenn Sie in unseren Laden kommen, dann benutzen Sie gefälligst unser Wording, sonst tun wir so, als ob wir sie nicht verstehen!» gipfelt.
Der Rebell in mir liebt es, in solchen Wunden zu stochern. Und er freut sich noch viel mehr aufs nächste Mal, wenn er wieder mit einem freundlichen Lächeln im Starbucks stehen und sagen kann: «Grüezi, ich hätte gern einen kleinen Caffé Latte.»