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Feierwehrübung

Während Andrea Zimmermann mit einem Glas Umathum Sauvignon blanc 2011 auf das erste Jahr des Bestehens ihres Gasthauses Hofwiesen anstösst, kann Peter Maurer in zweiter Generation auf 55 Jahre Closomat-Geschichte zurückblicken. Hansruedi Schmidiger feiert 20 Jahre Telemarketing Plus, Thomas Gromann 10 Jahre Therefore. Bevor zur kulinarischen Einstimmung eine feine „Brettljause“ aufgetischt wird, fragen wir nach, wie es seinerzeit überhaupt zur Geschäftsgründung beziehungsweise -übernahme kam.

Hansruedi Schmidiger: Eigentlich hatte ich schon immer Lust, mich selbständig zu machen. Bei meinem letzten Arbeitgeber hatte ich immer das Gefühl, für die Ziele und das Wohl der Firma kämpfen zu müssen. Und wenn ich schon kämpfen muss, dann lieber gleich für mich selbst. Nach der ersten Intention überlegte ich es mir nur noch kurz und schon drei Monate später hatte ich meine eigene Firma gegründet – mit dem Gedanken im Hinterkopf: Alles was jemand nicht gerne macht, ist ein Geschäft…

Peter Maurer: Bei mir war meine Laufbahn praktisch vorgegeben. Eigentlich wollte ich nach meinem Studium zum Maschinenbauingenieur noch etwas anderes sehen und erleben. Doch just in dieser Zeit wurde das Klima auf dem Markt rauer und mein Vater rief mich in die Firma. Und dort bin ich noch heute.

Thomas Gromann: Ich war schon als Jugendlicher selbständig. In einer Garage „schraubte“ ich zusammen mit einem Freund an Beleuchtungstechnik, verkaufte und vermietete Licht- und Laseranlagen. Mit 20 Jahren verkaufte ich meine Anteile und stürzte mich in Aus- und Weiterbildungen. Mit 30 Jahren wagte ich den Sprung in die Selbständigkeit ein zweites Mal.

Andrea Zimmermann: Das Hofwiesen ist mein zweites Restaurant. Da die Liegenschaft meinen Eltern gehört und im Erdgeschoss die Infrastruktur für ein Gasthaus vorhanden war, war die Geschäftsgründung irgendwie logisch für mich. Allerdings kann ich mich nicht teilen und habe deshalb einen guten Stellvertreter engagiert.

Beinahe täglich werden wir mit Firmenjubiläen konfrontiert. Scheinbar an jeder Ecke feiert eine Garage, ein Elektrogrosshandel, eine Bäckerei oder ein Museum Geburtstag. Von der Rabattschlacht bis zum gratis Bratwurstessen sieht man vieles. ­Wie gehen Sie „Ihr“ Jahr an?

Andrea Zimmermann: Bei mir ist es ja nur ein Jahr. Die Zeit ist so schnell vergangen, ich habe mir gar keine Gedanken darüber gemacht, ob und wie ich das feiern soll. Feiert man das überhaupt?

Peter Maurer: Die Frage ist wirklich berechtigt, ob und wie man ein Jubiläum feiern sollte. Wir haben uns viel überlegt und schliesslich unter anderem 600 Kunden zu einem kleinen Event eingeladen. Stellen Sie sich vor: Auf die schriftliche Einladung haben sich gerademal vier Kunden spontan gemeldet.

Hansruedi Schmidiger: Das ist sogar viel, wenn ich es mit den Zahlen vergleiche, die wir täglich sehen.

Peter Maurer: Wir haben dann telefonisch nachgefasst und schlussendlich mit etwa 50 Personen feiern können. Aber es ist schon ein deutliches Zeichen, dass es in Bezug auf Events eine grosse Sättigung gibt.

Hansruedi Schmidiger: Deshalb machen wir wohl gar nichts nach aussen hin. Die 20 Jahre feiern wir mit unseren Mitarbeitenden. Ein gutes Essen, ein netter Abend, ein Dankeschön. Zu unserer 10-Jahres-Feier haben wir eine Vortragsreihe organisiert, einen Apéro, das ganze Programm. Aber ich bezweifle, dass gross etwas hängengeblieben ist.

Thomas Gromann: Weil ich gesehen habe, was grosse Agenturen in ihren Fetten Jahren für Kundenevents ausgegeben haben, weiss ich, dass ich da gar nicht mitspielen kann und will. Wir haben uns dieses Jahr mit einem kreativen Experiment beschenkt. Während der Fussball-Europameisterschaft haben wir eine sehr spezielle Kampagne für uns und unsere Kunden durchgeführt. Dabei haben wir auch darauf geachtet, dass sie uns selbst Spass macht. Und es wurde ein voller Erfolg. Offensichtlich war der Spass ansteckend.

Beim Stichwort „Spass“ werden die grossen Gläser aufgetischt und Rotwein kommt auf den Tisch. Die Sulzterrine vom Tafelspitz ist bereits abserviert und aus der Küche dringt das Klopfen der Kalbsschnitzel in die Gaststube. Die Frage kommt auf, ob von einem Unternehmen nicht geradezu erwartet wird, dass es sein Jubiläum in irgendeiner Form feiert.

Thomas Gromann: Wir haben unsere Kunden und Partner sogar explizit gefragt, worüber sie sich freuen würden. Die Antworten waren überraschend einfach: Mal wieder vorbeikommen, mal wieder gemeinsam Mittagessen… Gar nichts in Richtung Grossevent.

Hansruedi Schmidiger: Unsere Kunden haben gar nicht so viel Zeit, als dass sie diese bei uns totschlagen müssten. Gerade wenn Veranstaltungen einen langen Anfahrtsweg voraussetzen oder sonst einen grossen Aufwand mit sich bringen, kommt praktisch niemand mehr.

Peter Maurer: Diese Erfahrung haben auch wir gemacht. Einen gemeinsamen Event für alle Kunden in der Schweiz würden wir wohl auch nicht mehr machen. Heute muss nicht nur das Essen „convenient“ sein, auch einen Event wollen die Menschen anscheinend bequem und unverbindlich erleben.

Andrea Zimmermann: Wenn wir etwas zu feiern haben, zum Beispiel die Eröffnung, dann machen wir einen ungezwungenen, aber reichhaltigen Apéro. Da kann man auch später kommen oder früher gehen. Diese Freiheit schätzen die Gäste.

Thomas Gromann: Da stelle ich mir aber die Frage, ob man auch als Unternehmen etwas davon hat oder ob es zu einer reinen After-Work-Party verkommt?

Hansruedi Schmidiger: Es muss ja nicht immer etwas bringen. Man kann ja auch einfach mal Danke sagen.

Die Meinungen zum Thema gehen auseinander. Wenigstens ist man sich darüber einig, dass der Bonnes Mares 1983 der beste der vier Weine am Tisch ist. Doch wie steht es um die Antwort auf die Frage, ob es Kunden und Mitarbeitende überhaupt interessiert, dass ein Unternehmen schon seit langem erfolgreich besteht?

Andrea Zimmermann: Die Gastronomie ist extrem kurzlebig. Mitarbeitende bleiben nicht allzu lange im Betrieb und erleben kaum einmal selbst ein fünfjähriges Jubiläum. Die Gäste entscheiden sich auch nicht aufgrund von Traditionen, sondern auf der Basis der letzten Erfahrungen und aktueller Mundpropaganda für einen Restaurantbesuch.

Hansruedi Schmidiger: In der Dienstleistungsbranche ist Erfahrung ein gutes Argument für Kunden. Vor allem, wenn ich betone, dass es 20 Jahre unter der gleichen Führung sind. Das fördert schon das Kundenvertrauen.

Thomas Gromann: Vonseiten der Neukunden ist eine der ersten Fragen, die gestellt wird, die nach dem Gründungsjahr. Sie folgt meist im Anschluss auf die Frage nach der Anzahl der Festangestellten. Jedes Jahr werden hunderte Agenturen gegründet, die das erste Jahr ihres Bestehens nicht überleben. Mit 5 Jahren gilt man als gefestigt, mit 10 Jahren als etabliert. Das Jubiläum dient schon als Argument. Allerdings würde ich es nicht überbewerten.

Peter Maurer: Wir haben mit Closomat nicht nur einen Markt erfunden, sondern ihm auch gleich seinen Namen gegeben. Auch die Imitate der Mitbewerber werden häufig als Closomat bezeichnet. Dass es uns seit 55 Jahren gibt, hat uns vor allem auch in schwierigen Zeiten geholfen. Deshalb kommunizieren wir es in diesem Jahr überall. Auf dem Briefpapier, über die Firmenfahrzeuge, auf der Webseite und den Fahnen vor unserem Gebäude.

Inzwischen ist die Runde mit den grossen, in Butter herausgebackenen Wiener Schnitzeln beschäftigt. Der anfängliche Heisshunger auf die knusprige Köstlichkeit, die von einem lauwarmen, Steirischen Kartoffel-Gurken-Salat mit Kernöl begleitet wird, ist in langsame Schlemmerei übergegangen. Die Frage nach dem Dessert wird höflich verneint. Bleibt nur noch die Frage, ob sich der Entschluss zur Selbständigkeit rückblickend gelohnt hat und was die Jubilare aus heutiger Sicht anders machen würden.

Hansruedi Schmidiger: Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Ich hätte nie gedacht, dass die Firma einmal auf eine solche Grösse anwachsen würde. Darüber freue ich mich und damit ist es auch genug. Ich bin zufrieden, wenn ich mein nächstes Jubiläum in der gleichen Grösse und mit guten Kunden feiern kann. Aus heutiger Sicht würde ich manche Aktivitäten bleiben lassen und mich ausschliesslich auf nachhaltige Kunden und Aufträge konzentrieren.

Thomas Gromann: Das kann ich nur unterstreichen. Aber das sagt sich im Nachhinein auch immer sehr leicht. Wenn wir in 10 Jahren die gleiche Grösse und ein Portfolio mit tollen Kunden haben, dann bin auch ich glücklich. Auch meine Firma war schon einmal grösser, doch das muss nicht unbedingt wieder so werden.

Peter Maurer: Ich werde mich in den nächsten Jahren stark darauf konzentrieren, Closomat zur Nummer 1 im Bereich der Pflege und Institutionen im Gesundheitswesen zu machen. Wenn wir das erreichen, wird die Feier zum 60. Jubiläum eine gelungene sein. Rückblickend würde auch ich gerne einiges anders machen, doch damit will ich mich gar nicht länger aufhalten.

Andrea Zimmermann: Wenn in unserem zweiten Jahr täglich Stammgäste ins Gasthaus kommen, dann bin ich zufrieden. Anders machen würde ich eigentlich nichts, wir geben einfach weiterhin jeden Tag unser Bestes.

Das Beste hat die Viererrunde auch an diesem Mittag im Gasthaus Hofwiesen gegeben. Der Espresso ist getrunken, die Gäste sind sichtlich satt und zufrieden. Ganz entgegen des eingangs angesprochenen Klischees setzt sich einer nach dem anderen in Bewegung, um wieder an seinen Schreibtisch zurückzukehren. Nachmittagsschicht im Chefbüro. Von wegen gute alte Zeit!