Ich schaue gerade die fantastische Serie «Haus des Geldes». In einer Folge sagt «der Professor» zur Kommissarin: «Wenn das hier alles vorbei ist, gehen wir zusammen in die Karibik.» Und ich denke nur: Nein! Tut das nicht!
Die Karibik wird überschätzt. Masslos. Man denkt an: weisse Strände, türkisfarbenes Wasser und einsame Buchten. Man denkt nicht an: nervtötende Stechmücken, schlafraubende Salsamusik und versiffte Hintergassen. Man will mal wieder so richtig entspannen, ein Buch lesen oder endlich diesen Tauchkurs machen. Man will Muscheln am Strand finden, keine Kippen! Und eine Toilette mit Klopapier und Seife wäre auch nicht zu viel verlangt, denkt man sich, wenn man da ist und wünscht sich zurück in die Schweiz. In Kuba kamen direkt wieder Kindheitserinnerungen hoch. „Wie damals in der DDR“, dachte ich, als ich die Kinder mit ihren Halstüchern und die Schlangen vor den Einkaufsläden sah. Der einzige Unterschied: An Bananen mangelt es in Kuba nicht. An Wasser und Windeln dagegen schon.
Ich weiss, was Sie jetzt denken: „Oje, du armes Luxuskind. Dann setz‘ dich doch in den Flieger nach Zürich und halt die Klappe.“ Genau das habe ich ja auch getan. Nach fünf Monaten, die im Rückblick doch sehr schön waren. Das Gedächtnis ist ein wunderbares Sieb – behält die schönen Erinnerungen und entlässt das Unschöne ins Nirvana. Doch ich bin froh, wieder in der Heimat zu sein. Hier, wo Verlass ist auf das Tram, die öffentlichen Toiletten und die höfliche Distanziertheit der Mitmenschen. Endlich muss ich mir keine Gedanken mehr darüber machen, wie ich meinen Badeanzug bei dieser Luftfeuchtigkeit je trocken bekommen soll. Ich darf mich spannenderen Themen widmen. Neuen Kampagnen-Headlines, zum Beispiel, diesem Textkonzept, das heute raus muss und dann noch schnell das Telefoninterview… Herrlich! Denn auch das wird überschätzt: am Strand liegen und nichts tun.