Werbeagentur Zürich Therefore

Zweimal anders gut

Es sind zwei Marketinggeschichten mit Happy End. Sowohl die EM-Kampagne der Rotkreuzer ARP Schweiz AG wie auch diejenige der Therefore GmbH waren aus Sicht der Initiatoren ein voller Erfolg. Sie hatten beide dasselbe Ziel: Kunden kontaktieren, (re-)aktivieren und die Beziehung intensivieren. Beide Firmen entschlossen sich für ein Tippspiel, als Aufhänger, einen eNewsletter auf der hochmodernen Cont@ctive-Plattform sowie das Responsehandling mittels Microsite.

Gedankenübertragung

„Unser Business lebt davon, beim Kunden eine ­‚Top of Mind‘-Position zu erlangen, wenn es um unsere Produktekategorien geht. Mit anderen Worten: Wenn ein Konsument an ein Druckerkabel denkt, dann muss er an uns denken. Und wenn er Toner braucht, dann muss er als nächstes auf die hoffentlich gebookmarkte Seite arp.ch kommen“, erzählt Jonas Frischkopf, der Leiter Marketing Schweiz von ARP. Um diese Position buhlen natürlich auch andere. Und wer die Kampagnen von Digitec, MediaMarkt oder Saturn sieht, kann sich eine Vorstellung von den Werbebudgets machen, mit denen in dieser Branche um den „Share of Mind“ gekämpft wird.

„Eigentlich hat sich nicht viel getan in den letzten Jahren“, meint Roger Rietmann, der als Marketing Manager bei ARP seine Mitbewerber genau beobachtet. „Wir zeigen Produkte, daneben einen grossen Preis und die Message: ‚Kauf jetzt!‘ Eigentlich wollen wir schon mehr kommunizieren, doch in unserem Markt, der extrem tiefe Margen bietet, sind eben alle Aktivitäten auf den sofort wirksamen Verkauf ausgerichtet. Unser EM-Tippspiel war eine der seltenen Gelegenheiten, der Kommunikation einen neuen Twist zu geben. Und die wurde genutzt.“

Minimale Anpassung, aufwändige Preise

Die rund 100‘000 Kunden im CRM wurden mit einem eNewsletter angeschrieben und auf das Tippspiel aufmerksam gemacht. Auf einer als ­iFrame in die Firmenhomepage eingeblendeten Minisite konnten die Tipps für die einzelnen Spiele eingegeben werden. Die Lieferanten des Elektronikgrosshändlers steuerten Preise im Wert von 20 bis 2‘000 Franken bei. Am Ende der EM erhielten die Teilnehmenden einen weiteren eNewsletter, die Gewinner ihre Preise. Die Minisite wurde von einem Anbieter als fertige Minipage günstig zugekauft und nur minimal an ARP angepasst. Jonas Frischkopf erinnert sich: „Das Aufwändigste an unserer Aktion war die Beschaffung der Gewinne. Wir mussten unsere Lieferanten kontaktieren, nachfassen und schliesslich die Bilder und Texte der zur Verfügung gestellten Artikel auf die Page einpflegen.“

Wer Frischkopf und Rietmann im Gespräch erlebt, hat alles andere als trockene oder introvertierte Personen vor sich. Die Diskussion ist lebhaft, es wird debattiert und auch öfters herzhaft gelacht. Und auch ihre Kundschaft schätzen die beiden Marketingfachleute als durchaus humorvoll und mit einem gewissen Spieltrieb ausgestattet ein. Trotzdem kommuniziert ARP wie alle anderen in der Branche sehr trocken und sachlich. „Klassisch B2B halt.“ Auch das EM-Tippspiel bestand vorwiegend aus einer Tabelle.
Immerhin haben über 40 Prozent der 100‘000 Adressaten ihr E-Mail geöffnet, was im eNewsletter-Bereich als hervorragender Wert gilt. Über 1‘600 nahmen schliesslich am Tippspiel teil und etliche davon haben zusätzlich auch noch den normalen ARP-Newsletter abonniert. „Nicht schlecht für unsere 50 bis 60 Stunden Aufwand“, freuen sich die beiden.

Kreatives Jubiläumsgeschenk

Eine andere Ausgangslage gab es bei Therefore. Die spezialisierte Agentur und das Beratungsunternehmen mit Fokus Schweiz führt naturgemäss nur 650 Adressen im CRM-System. Die Projektleiterin Xenia Tschermak hat die EM-Kampagne zu Agenturpreisen budgetiert, geplant und kalkuliert. 40‘000 bis 50‘000 Franken sind es schlussendlich schon gewesen, die Therefore in die Kampagne gesteckt hat; ein Geschenk, das das Unternehmen sich und seinen Kunden zum 10-Jahres-Jubiläum gemacht hat. „Als aussergewöhnlich sehe ich es auch deshalb, weil wir uns bei der Konzeption und Produktion voll ausleben konnten. So viel gelacht haben wir noch selten bei der Arbeit“, meint Xenia Tschermak und denkt dabei wohl auch an ihre Fotobearbeitungen, mit der sie ihre Kollegen nach Herzenslust verunstalten durfte – ihren Chef verwandelte sie zum Beispiel in den kroatischen Spielmacher Tomislav Gromani­sevic. Insgesamt sechs Newsletter mit je drei bis vier Artikeln wurden gestaltet. Neben dem klassischen Tippspiel hielt ein aufwändiges Fotoquiz in fünf Teilen mit je einem individuell angefertigten Preis die Kreativen aus Oerlikon auf Trab.

Und wofür das Ganze?

Von den 650 Adressaten besuchten immerhin über 250 die Minisite, schauten im Schnitt während über 10 Minuten mehr als 11 Seiten an. Es wurden hunderte Kommentare geschrieben und das EM-Spiel dominierte während eines Monats die E-Mails, Telefonate und nicht zuletzt die persönlichen Kontakte des Therefore-Teams. Auch Thomas Gromann, der sich in der Regel um die Neukundenbetreuung kümmert, zieht ein sehr positives Fazit: „Ich hatte Dutzende Gespräche, die ich ohne diese Kampagne nie geführt hätte. Wir sind mit der sehr humorvollen, lockeren, selbstironischen und unkonventionellen Strategie aber auch ein Risiko eingegangen. Was passiert mit unserem Image, wenn wir uns in kurzen Hosen oder mit grässlichem Stirnband zeigen?“ Offensichtlich haben die Therefore-Kunden Humor und freuten sich sichtlich über eine Maradona-Drogenplantage zum Selberbauen, ein Rudi-Völler-Duschset oder einen Zidane-Eisbeutel. Preise, die im Vergleich zu denen der ARP-Kampagne kaum einen realen, dafür aber einen hohen Unterhaltungswert besitzen.

Die Resultate

Eine Woche nach dem Abschluss der beiden Kampagnen trafen sich die Verantwortlichen von ARP und Therefore bei einem Kaffee zum Erfahrungsaustausch und verglichen die Resultate:
ARP : Therefore
Adressen 100‘000 : 650
Versandte E-Mails 2 : 6
Öffnungsrate 40% : 50-55%
Neuanmeldungen für den regulären Newsletter 395 : 24

Beide Firmen konnten aufgrund der Kampagne neue Kunden gewinnen. Bei ARP kauften diese zum Beispiel einen beworbenen Drucker, bei ­Therefore vergab ein Interessent sein in Planung befindliches eNews­letter-Projekt an die Agentur.

Breit oder tief

Aus marketingstrategischer Sicht zeigen sich anhand dieser beiden Kampagnen zwei verschiedene Strategieansätze: die qualitative und quantitative Kommunikation. Wie sich auf den entspannten Gesichtern beider Parteien ablesen lässt, brachte sowohl der Ansatz über die Breite als auch der über die Tiefe Erfolg. Zum Schluss stellt sich aber doch die folgende Frage: Was wäre das Resultat gewesen, wenn ARP den Therefore-Ansatz gewählt hätte und den Kunden ein tieferes, persönlicheres Bild von sich und seinen Mitarbeitenden geboten hätte? Und wie wäre die Therefore-Kampagne verlaufen, hätte man vorab 100‘000 Adressen zugekauft und…? Die Antwort darauf bleibt vorerst genauso im Dunkeln wie manch andere hypothetische Fussball-Frage. Schliessen wir mit einer alten Fussballerweisheit: Nach der EM ist vor der WM! Schon in 18 Monaten haben die beiden Firmen Zeit, um es noch besser zu machen.