Wenn dieser Einstiegssatz in einem Text in Leichter Sprache stünde, dann ginge er gar nicht. Überhaupt nicht. Und dafür gibt es gute Gründe: der Konjunktiv, die komplexe Satzstruktur, die Umgangssprache. Alles No-Gos (wie dieses Fremdwort), wenn man einen Text in Leichter Sprache verfassen will. Doch wir wollen für einmal nicht in, sondern über Leichte Sprache schreiben. Denn als Kommunikationsagentur bekommen wir hin und wieder den Auftrag, eine von uns konzipierte und getextete Website zusätzlich in Leichte Sprache zu übersetzen. Doch was ist Leichte Sprache überhaupt? Oder besser: Was ist sie nicht? Denn hier steckt schon das erste Missverständnis.
Was Leichte Sprache nicht ist.
Bei Leichter Sprache geht es NICHT darum, verklausulierte Behördentexte verständlicher zu machen. Das sollte ein generelles Anliegen sein. Denn auch der Durchschnittsschweizer versteht bei verschachtelten Sätzen voller Substantivierungen und Passivkonstruktionen zumeist nur Bahnhof. Doch der Durchschnittsschweizer ist eben gar nicht Zielgruppe von Texten in Leichter Sprache. Diese richten sich an Menschen mit Lernschwierigkeiten, geistigen Behinderungen oder Demenz. Aber auch an Migranten, die nicht gut Deutsch sprechen. Alle diese Personengruppen werden viel zu oft von wichtigen Informationen abgeschnitten und damit von der Teilhabe an demokratischen Prozessen ausgeschlossen. Das darf nicht sein. Deshalb werden Texte, die alle Menschen erreichen sollen, auch in Leichter Sprache angeboten. Sie sorgt für die Barrierefreiheit von Informationen.
Keine Angst vorm Streichen!
Bevor man anfängt, einen Text in Leichte Sprache zu übersetzen, sollte man sich locker machen und von seinem Anspruch an schöne Formulierungen lösen. Ja, man sollte sich vom Originaltext überhaupt lösen. Denn es geht nicht ums Kürzen! Leichte Sprache ist radikal. Sie lässt Informationen einfach weg. Auch wichtige. Also: Keine Angst vorm Streichen ganzer Absätze! Das Ziel ist es, dem Leichte-Sprache-Leser einen Überblick über das Thema zu geben. Er soll das Grundsätzliche verstehen. Erst einmal nicht mehr. Deshalb kann es besser sein, wenn nicht der Autor des Originaltextes selbst seinen Text in Leichte Sprache übersetzt, da er viel zu sehr an seinen Formulierungen und Inhalten hängt. Eventuell ist es sinnvoll, wenn ein anderer Texter diesen Job übernimmt.
Subjekt, Prädikat, Objekt. Und was noch?
Auch für Leichte Sprache existieren Regeln, die weit darüber hinausgehen, nur einfache Hauptsätze zu schreiben. Zum Beispiel, dass man den Genitiv vermeiden sollte, genauso wie den Konjunktiv oder Metaphern. Es gibt Regeln zum Schreiben von Zahlen und Mengenangaben und Tipps, wie man mit Querverweisen umgehen kann. Das und vieles mehr hat das Netzwerk für Leichte Sprache in diesem Dokument anschaulich und mit konkreten Beispielen zusammengetragen. Aber auch andere Institutionen wie Inclusion Europe bieten Tipps und Richtlinien für das Verfassen von Leichte-Sprache-Texten an.
Spezialfall Website.
Einige Leichte-Sprache-Leser sind auch motorisch gestört und können mit der Maus oder der Tastatur nicht so geschickt umgehen, dass sie Verlinkungen gut klicken können. Deshalb ist es sinnvoll, nicht jede Unterseite einer Website separat zu übersetzen, sondern den gesamten Inhalt in Leichter Sprache auf einem One-Pager zu präsentieren. Für diesen sollte auch eine grössere Schrift gewählt werden. Ein erweiterter Zeilenabstand und ein erhöhter Kontrast erleichtern die Lesbarkeit zusätzlich. Links zu externen Websites machen nur Sinn, wenn diese ebenfalls in Leichter Sprache verfügbar sind. Ansonsten, Sie ahnen es schon: streichen.
Und jetzt noch mal in Leichter Sprache
Wir haben uns bemüht, diesen Text verständlich und anschaulich zu schreiben. Doch wie sähe er in Leichter Sprache aus? Unser Vorschlag:
Was ist Leichte Sprache?
Es gibt schwere Sprache.
Schwere Sprache können viele Menschen nicht verstehen.
Und es gibt Leichte Sprache.
Leichte Sprache ist gut für viele Menschen.
Zum Beispiel:
• Menschen mit Lern·schwierigkeiten,
• Menschen, die nicht so gut lesen können,
• Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen.
Texte in Leichter Sprache verstehen alle besser.
In Leichter Sprache schreiben kann man lernen.
Dafür gibt es Regeln.
Zum Beispiel:
• kurze Sätze schreiben,
• keine Fremd·wörter schreiben,
• Beispiele schreiben.
Auch für Leichte Sprache im Internet
gibt es Regeln:
• alle Informationen auf einer Seite anzeigen,
• keine Verlinkungen benutzen,
• mit grosser Schrift schreiben.
Leichte Sprache für Opfer von Gewalt
Für die Kantonspolizei und die Staatsanwaltschaft Zürich konzipierte die Kommunikationsagentur Therefore die Präventionskampagne «Stopp Gewalt gegen Frauen». Herzstück der Kampagne ist eine Website, die auf das Thema aufmerksam macht und direkte Hilfe für Betroffene und Angehörige bereitstellt. Um alle Bevölkerungsgruppen anzusprechen und mit Informationen zu versorgen, wurde die Seite barrierefrei umgesetzt und in Leichte Sprache übersetzt.
Zur Website „Stopp Gewalt gegen Frauen“
Zur Projektbeschreibung
Zum Interview mit Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft